Sondersammlung

Dulliker, Ulrich: Summarische Lebens=beschreibung, des berühmten Lucernerischen Schultheissen, Ulrich Dullikers, Ritters, von ihme selbsten in Schrift hinterlassen, nebst einigen Zusätzen (Transkription der Notizen zum Jahre 1653)

BB MS.41.4 ; S.184-195

1653. bin ich im Ambt gsin, do der unnöttige uffstandt M. G. H.treüwloser unterthanen, wie auch einer Burgerschaft, so ein Enderung des StandtsRegiment haben begärt zu machen, eintweders wie die länder, oder zünfftig die Regierung anzustellen: wie sie dann uns genöthiget von unser lieben Altforderen Besatzung der Ampten Schultheiss, und aller Ämpteren und Vogtyen mit instromento ingegangen gesiglet und underschriben, und ist jederman wider uns gewesen Burger, das Landt, allein Habspurg, Merischwandt, Weggis, das hat by M. G. H. gehalten.

 Räth und Hundert sindt des einen bliben, und ist allgemach ihr Standt wiederumb mit Inschlag und Hilff der 4. lobl. Catholischen Orthen in die alte Regierung gesetzt worden. und sind die unterthanen zweymahl feindlicher weiss ohne ursach, sonder mit Muthwillen und Frechheit uns zu überziehen begert, für die Statt gezogen, ohnangesehen die M. G. H. alle Punkten so sie begehrt gratis concediert haben. undt in dem ersten mahl haben sich die vier Orth sambt Friburg und Soloturn darin geschlagen, und zu Werdenstein und Russwyl ihre Theils falsche und erdichte Klägden den Gesandten fürgebracht, welche darüber geurtheilt und recht gesprochen, und die Herren Gesandten zu Russwyl contra Jus gentium, die frey sicher Gleit gehabt, durch ein ungründten Vorwand eines Priesters schier mit Gewalt umb das leben gebracht worden, wofer nit P. Capuciner und Decan von Russwil es verhinderet hetten. Ist allso der Fridens schluss zu Russwyl gemacht worden, und zu Kriens uff dem Boden offentlich im Feldt publiciert worden, und angenommen und gesiglet. Die verbünte unterthanen aber, die haben ihn nit acht Tag gehalten, sonder es sige nit also ergangen, und alle unbilliche Mittel und Inbruch, den gemeinen Stand zu perturbieren, ein meineyden Pundt mit Solothurn ‑ Bern ‑ und Basel Buren gemacht, und das manifest zu Baden uffgericht, nit leiden wellen, sonder sich höchlich geklagt, das solches wider Ehr und Glimpf ihres guten namens seye. Darbey bin ich auch gewesen. Es haben doch alle unsere Empter widerum gehuldiget, darbey ich mehren Theils gewesen bin, usserhalb Entlibuoch nit schweren wollen, sonder noch ein starken Pundt mit Bern, Soloturn und Basel zu Huttwyl gemacht, und sich Entlibuoch hernach gantz abgeworffen, und sich selbsten durch die Amman regieren wollen, und mit M. G. H. ein Pundtnuss machen, wo nit ! so sollen M. G. H. allein ihre Schutz und Schirmherren sein, und uns spöttlich abgedanket, und mich und andere mithaffte Herren klein und gross Rath samt einer Burgerschafft so im landt wasen mit ihnen wollen in Arrest nemmen: auch von ettlichen gerathschlaget, und nider zu machen, welches doch durch vorgesetzte ist vermitten worden, weil sie uns sicher Frid und Gleidt geben haben. und sindt wir letstlich am morgen, do wir der wacht wohl zu Trincken geben, dass sie sich gefüllt und die 100 mann, so von der Wacht gewesen, geschloffen, und früe darvon gefahren. und gleich in 3. Tagen wider die Statt, samt den Empteren uffgebrochen, mit Solothurnischer und Baselischen Völker ringsweiss umb die Statt gelegeret, und allen proviant abgeschlagen, und by Rathhusen ein bruggen überschlagen wollen, und die Bruggen von Gisicken inzunemmen, welche von den ehrlichen Lüthen von Habspurg erhalten worden, mit Zuthun eines Commandanten Lütinambt Jost Pfyffer genambt, welcher sich wohl und rühmlich gehalten hat. Daruff haben wir ellgemach umb Hilff bei den 4. Orthen lut Pundtnuss angehalten, aber schwärlich erhalten mögen, sonder gleichsam mit Landtsgemeinden, mit Rath ob sie uns schuldig seyen beyzuspringen, und zuforderst wüssen wöllen, wer recht oder nit recht habe. Sindt wir allso in grössere gefahr kommen, und haben wir den Zuzug haben wollen, so hats müssen geschehen in Versprechung unseres Solds und Geldts, welches wider das Harkommen der lobl. Pündten ist, und hätten wir nit Spendiert, und dem WasserThurn die Kapen geschütlet, so wären wir Pündtnuss halber gantz daruff gangen. Also seindt die Fründt in der Noth, das mans noch gnug zahlen muss, und dannoch nit usserthalb der Stadt Lucern ziehen wollen den Feindt in ihren Posten anzugreiffen: und diss haben die von Arth verhinderet. und ist zu Winkel uff dem See, zu Gissliken, auch Rathhusen und Bueri redlich mit Vortheil und Verlurst einichen nach Pfingsten angriffen worden, da die Puren etwas gelitten, allein ein Squadron von 2500 so vor der Statt wohl formiert, wegen denen von Arth nit können fortgebracht werden. und ist hiemit die gantze impresa stecken bliben, und hernach mit Tractaten und Schriben den Friden und nit mit dem Tägen machen können: da in der Statt, by Rathhusen, uff der Sohantzen im Gütsch und by der Bruck zu Gisicken by 6000. Mann gelegen, welche in M. G. H. Soldt sind erhalten worden, ohnangesehen die Pündtnuss solches in ihrem Kosten vermag. Haben wir wollen Hilff haben, so haben wirs mit Geld usserwägen müssen. Alle Nacht ist man uff dem Rathhuss vor und nach Mitternacht gewesen, und gewüsse Herren des Raths darzu deputiert. Mich aber hats schier alle Nacht getroffen, uff dem Rathhuss uff dem Bank zu liggen, und alle Anordnung, und den Wachten den Befelch was ihnen zugestanden, zu geben. und sindt ettliche Burger uff dem Wasserthurn gesin, welche treüloss an M. G. H. gewesen, usserhalb einem. Also haben sie wöllen ein Caballa spilen, welches ich vermerkt, dieweil sie 5. Stück Geschütz gehabt, und zu Mitternacht die selbige Wacht mutiert hab. Ist also letstlich wider ein Anstandt derwägen gemacht worden, und ein Rechtsatz formiert worden; den 4. Orthen durch ein Anlassbrieff übergeben worden, und zu Stans an einem unpartheyschen Orth beyde Partheyen verhört, und darüber M. G. H. zu praejudiz ein Friden getroffen worden. Do ich M. G. H. recht und rechtesamme wider die Puren defendiert hab, näbet Herrn Statthalter Meyer und Herrn Stattschriber Hartman, und am Samstag vor Trinitatis der Rechtspruch sein End erreicht, und folgendts am Sontag SS. Trinitatis durch die Ehrensätz im Grund by Herr Caspar Pfiffers matten under dem Nussbaum verlesen worden, und durch H. Landtamman Arnoldt der Fürtrag gethan, und müssen angenommen werden. Wass ich by diesem Jahr zu thun gehabt, kan ein ehrlichen Gemüet wohl gedenken. Dan wo niemandt hat wöllen in gefahr, so hab ichs als Amtsschultheiss verrichten müessen, zu den Bauren an die Tagsatzung nacher Baden, hab doch schlechten Dank erlanget; dan der Welt Brauch ist, das man glich vergisst. Nach dissem allem haben Unser Eidtgnossen der Statt Bern unsere treüwlose unterthanen wollen straffen, weil sie diss übels eine ursach gewesen; hab also mit 2500. Mann an die Gräntzen ziehen müessen, allwo sie begehrt, das man die Entlibuocher entwehre, welches geschehen ist, nebent anderen von Willisauw uff den Grentzen. über diss hat man lut Fridens Tractat die 12. Rebellen begert, um sie umb ihre Missenthat zu straffen, deren drei nit erschinnen, sondern ussgerissen, die wo erschinnen seindt mit dem Schwerdt und Strang gericht, und uff die Geleren geschickt worden, wie zugleich drey unser Burger, so das Leben verwürckt, samt Frantz Bircher, so des inneren Raths der Statt Lucern auch meineydt und Treuloss an siner Obrigkeit worden in Candiam nebent den Burgeren zu dienen geschickt worden, wider den allgemeinen Feindt der Christen den Türcken zu kriegen, welche aber dem urthel nit Statt gethan, sonder mit Geldt sich liberiert haben. und in dissem Jahr uff MIchaeli die Huldigung der unterThanen wider uffgenommen, und im Entlibuoch was ich darbei, allwo die unguote gemüther noch nit gelaset, sonder nit schweren wollen, theils, oder man erledige ihnen die Gefangenen: allwo ich ihnen starck zuegesprochen, das letstlich sie gehuldiget, daruff die Empter besetzt haben, allein den Tag am morgen früe nacher Werdenstein, und alldorten Mäss zu hören verritten, hab ich der Sach nit wohl getruwet, sonder ein Mäss der Ärmsten Seel des Fegfeürs vor unser lieben Frauen Altar läsen lassen, in honorem S. Antonij de Padua, wann Gott mich mit Gesundtheit wider nach Hauss begleite, und uff dem Pferdt mein gewohnliche Bett verrichtet. Wie wir nit with vom Hassli by der Emmen kommen, da wir uns nit geachtet, sind etliche, wie vill doch nit weiss, mörderischer weiss uff uns gewartet, und in einem loch oben hinab mit Feürrohren den ersten Schutz gar nit weith uff mich gethan, welcher drei Kugel gehabt. Zwo sindt dem Pferdt durch den Hals gangen, und doch nit verdorben, sonder gantz heil worden. Die dritte Kugel so 24. Riss gehabt, durch Gottes Gnad und die reine Fürbitt Mariae, nit grad uff mich gangen, sonder an ein Tannli gestreifft, und halb flach worden, und den Schutz mir von dem gantzen Leib befreyet, und hernach in die Dicke meinen rechten Beins gangen, ohne schaden der röhren, allwo ich die Kugel hab müessen lassen ussenschniden, und in 5. Wuchen wider mit Gottes Hilff gesund worden. Diss ist der Danck, so ich nach langer Mühe und Arbeit wegen deren uss dem Land Entlibuoch gehabt. Die treülosen Leuth haben glich daruff zwen andre Schütz gethan, der eine lähr abgangen, der andere Herr Caspar Studer den unterZügHerr durch den gantzen Leib mit zwo Kuglen geschossen, und nach einer Viertelstundt Tods verbliben. Do sicht man die untreüw That, nach dem gemachten Friden und ihren Eyd den Tag darvor praestiert haben. Die wo es gethan soll der hinderwerts, wo der Erni uss Melchtal repraesentiert und der Täll Cäspi genambt. Worauff M. G. H. die Sach hoch empfunden, und by 700. Mann und 2. Stuck gross Geschütz unter Commando Herr Obrist Wachtmeister Pfyffer dahin geschickt die laut zu demmen, welche den Kirchhoff zu Entlibuoch mit 40. Mann ingenommen und alldorth gehalten, biss das ander Volk nachkommen, und die Bruggen zu Wolhusen wohl besezt. und hernach den bösen Buben nachgejagt, und bey Schüpffen ein Schantz uffgerichtet, und ihr Läger geschlagen, mit Befelch nit uns dem Landt zu ziehen bis und so lang das sie die Buben der Oberkeit übergeben, welches beschehen, dan ein redlicher Mann, mit Nammen mir wohl bekant, dieselbigen angeben, das sie in einer Schüwr under dem Heüw gelegen, welche sich nit haben wöllen gefäncklich ergeben, sondern man dieselbe hat todtschiessen müssen, der Oberkeit überantwortet, und ihren Rechtstag vor Räth und Hundert gehalten, sindt uff das Rad der ein geflochten, der ander in 4. Theil gehauen worden, und an 4. Hochgericht genaglet worden. Dise beyde sind gesin der ein der Thäll, der ander der Erni im Melchthal, wie sie den namen ihnen usurpiert. Waruff haben die von Sohüpffen und Hassli dissen Kosten allein der Oberkeit zahlen müssen, und hat die unruhw by disem Wäsen nachgelassen. Gott der Allmechtig wölle sein heilige Gnad darzu verlichen.

NB. Hans Städeli hat uff mich geschossen, mit welchem ich niemal geredt, noch köndt hab. Ist köpft und ans Rat geflochten worden.

Zu dem Endt, weil die vier Orth ihnen vorbehalten ein unpartheyisches Gricht in der Statt Lucern zu haben, welches M. G. H. höst praejudierlich funden, also ihre Unterthanen M. G. H. gebetten, das sie sich keinem frömden Gricht, sonder ihrer von Gott natürlich gesetzten Oberkeit Recht zu nemmen, und also das unparthysche Gricht, zu Stadt und Landt Frid und Ruhw zu pflanzen, eingesetzt. und diss ist der Verlauf der arbetseligen Sedition. Gott der Allmechtig bewahre uns ferner ‑ .

Das frömbde unpartheysche Gricht hab ich mit meiner Dexteritet abgelendt.

Ulrich Dulliker, Summarische Lebens=beschreibung... (Ms.41.4)

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