Aktuelles

Bibliotheksgesetz: Luzern als Vorbild für St. Gallen

Im kommenden Jahr soll das neue Bibliotheksgesetz des Kantons St. Gallen in Kraft gesetzt werden. Gemäss der Zweckbestimmung in Artikel 1 zielt das Gesetz auf die Sicherstellung der bibliothekarischen Grundversorgung im Kanton St. Gallen sowie auf die Förderung eines zeitgemässen, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Bibliothekswesens im Interesse von Bildung, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft.

Im kommenden Jahr soll das neue Bibliotheksgesetz des Kantons St. Gallen in Kraft gesetzt werden. Gemäss der Zweckbestimmung in Artikel 1 zielt das Gesetz auf die Sicherstellung der bibliothekarischen Grundversorgung im Kanton St. Gallen sowie auf die Förderung eines zeitgemässen, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Bibliothekswesens im Interesse von Bildung, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft. Insgesamt umfasst der Erlass 25 Artikel. Er ist als Rahmengesetz konzipiert, welches die wesentlichen Grundzüge des Bibliothekswesens regelt. Der im Bibliotheksbereich bislang eher etwas rückständige Kanton möchte mit einem inhaltlich derart umfassenden Bibliotheksgesetz eine Vorreiterrolle in der Bibliotheksgesetzgebung der Schweiz einnehmen. Der Anspruch auf die Vorreiterrolle gebührt streng genommen jedoch einem anderen Kanton.

Als Vorbild und Inspirationsquelle für das neue Gesetz diente dem St. Gallischen Gesetzgeber nämlich interessanterweise unter anderem das Bibliotheksgesetz des Kantons Luzern vom 10. September 2007 (SRL Nr. 420). Dieses ist zusammen mit der entsprechenden Verordnung über das kantonale Bibliotheksangebot vom 30. November 2007 (SRL Nr. 421) bereits am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Das nur fünf Artikel umfassende Bibliotheksgesetz erfasst trotz seiner Knappheit sowohl die wissenschaftliche Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) als Kantons-, Fachhochschul- und Universitätsbibliothek, als auch die kommunalen Schulbibliotheken sowie allgemein die öffentlichen Bibliotheken und deckt damit breite Teile des Bibliothekswesens im Kanton Luzern ab. Der Fokus des Gesetzes liegt auf der Aufgabenteilung im Bibliotheksbereich zwischen dem Kanton und den Gemeinden und folglich auch auf der Finanzierungsverantwortung.

Nebst einer ausführlichen Regelung zum kantonalen Bibliotheksangebot (etwa bezüglich Führung der ZHB, Diensterbringung an die Öffentlichkeit, Bildung und Forschung oder dem Sammel- und Bewahrungsauftrag für Luzerner Dokumente) wird im Erlass den Gemeinden die Pflicht auferlegt, ein kommunales Bibliotheksangebot zu gewährleisten. Hierbei beschränkt sich der Erlass allerdings nur darauf, das Ziel für die kommunale Aufgabenerfüllung zu bestimmen. Dieses liegt in der Bereitstellung und in der Organisation des Bibliotheksangebots in den Schul-, Gemeinde- und Regionalbibliotheken. Die letzten zwei Gesetzesbestimmungen des Erlasses sind formeller Natur.

Bedenkt man, dass in den meisten anderen Kantonen der Schweiz bislang, wenn überhaupt, nur sehr knappe Regelungen mit Bezug auf das Bibliothekswesen bestehen, erscheint das Bibliotheksgesetz des Kantons Luzern von 2008 im schweizerischen Quervergleich geradezu als fortschrittlich. So hat der Luzerner Gesetzgeber mit seinem Bibliotheksgesetz schon früh die Chance zur Kooperation und Synergiebildung zwischen den einzelnen Bibliotheken auf dem Kantonsgebiet geboten und damit die Grundpfeiler für Rechtssicherheit, Vertrauen und verbindliche Aufgabenteilung zwischen dem Kanton und den Gemeinden gesteckt. Zugleich sorgte er mit dem Erlass für eine gesetzliche Grundlage der ZHB Luzern, welche bibliothekarisch die kleinste und jüngste universitäre Hochschuleinrichtung in der Schweiz, die Universität Luzern, versorgt.

Ganz im Sinne der Zweckbestimmung in Artikel 1 des luzernischen Bibliotheksgesetzes, welche festschreibt, dass der Kanton und die Gemeinden zusammen durch ein ausreichendes und vielfältiges bibliothekarisches Angebot den Zugang der Bevölkerung zu Büchern und anderen Medien zu fördern haben, leistet das Gesetz also eine gute Voraussetzung für gebildete und gut informierte Bürgerinnen und Bürger. Dass dem so ist, hängt jedoch im Wesentlichen von der Ausgestaltung bzw. der Stossrichtung des Gesetzes ab. Wie ein Blick über die Landesgrenzen hinweg zeigt, können sich Bibliotheksgesetze in Hinblick auf den Stellenwert, welchen Bibliotheken in der Gesellschaft geniessen, auch negativ auswirken. In Luxemburg z.B. wurde 2010 ein Bibliotheksgesetz verabschiedet, das Bibliotheken nicht als Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand sieht und dementsprechend der Neugründung oder Förderung bestehender Bibliotheken keineswegs zuträglich ist. Im Gegensatz dazu besteht in Dänemark schon seit 1920 ein nationales Bibliotheksgesetz, das Bildung und Wissen als Gemeingut anerkennt, dem die Bibliotheken und mithin der Staat durch die Förderung der selbigen verpflichtet sind.

Ein kantonsübergreifendes Bibliotheksgesetz, analog zum Beispiel Dänemarks, welches Bibliotheken gesamtschweizerisch als Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand definieren würde, existiert derzeit in der Schweiz nicht. Kantonale Bibliotheksgesetze, wie jene des Kantons Luzern und neu auch des Kantons St. Gallen, leisten jedoch einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung und Entwicklung der Rechtslage im schweizerischen Bibliothekswesen. Diese hat letztlich, wie gezeigt, Auswirkungen auf die Umsetzung zentraler Grundkonzepte des Staates – sprich Bildung und Wissen als Gemeingut. In Luzern werden Bildung und Wissen durch die ZHB in mehrfacher Hinsicht unterstützt: In enger Kooperation mit den weiteren kantonalen Bildungsträgern und Schweizer Bibliotheken ermöglicht die Bibliothek mit ihren Dienstleistungen einen schnellen Zugang und einen guten Umgang mit Informationen und sammelt und bewahrt Medien in gedruckter wie elektronischer Form (siehe das Angebot der ZHB Luzern auf ihrer Webseite sowie ihr Leitbild).

Andrea Kerekes, MLaw & Nadja Meyenhofer, MLaw

andrea.kerekes@zhbluzern.ch & nadja.meyenhofer@zhbluzern.ch

Fachreferentinnen für Rechtswissenschaften

Zentral- & Hochschulbibliothek Luzern

/ kk, me

zum Seitenanfang